Umgangsrecht gestalten

In Anbetracht des nahenden Weihnachtsfestes wollen wir uns mit der Gestaltung des Umgangsrechtes beschäftigen. In den Absprachen zu Weihnachten steckt Konfliktpotential und du findest hier ein paar Tipps, dies zu reduzieren. Zunächst aber ein wenig Definition juristischer Art:

Sorgerecht

Sorgerecht ist vom Umgangsrecht zu unterscheiden und beinhaltet die persönliche Sorge, die Vermögenssorge, die gesundheitliche Sorge und auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht, also wo die Kinder leben. Getrennte Eltern müssen dazu eine Regelung treffen, notfalls mit Hilfe des Familiengerichtes. Wenn das Kind bei einem Elternteil lebt, hat dieser vielleicht auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Dann dürfen Regelungen getroffen werden, damit der andere Elternteil ebenfalls Umgang mit dem Kind hat. Um es deutlich zu sagen: Das Kind hat ein Recht auf Umgang mit den Eltern. Nicht andersrum. Obendrüber steht nicht Elternwunsch und -wille, sondern das Kindeswohl! Daran hat sich alles zu orientieren.

Das Kindeswohl soll das oberste Ziel bei allen Absprachen seien. Sei es in einer bestehenden Beziehung oder eben auch danach. Das gilt auch für das gerichtliche Verfahren.

Umgangsmodelle

Was sind nun Wechselmodell, Residenzmodell und Nestmodell eigentlich? Das Residenzmodell ist das allbekannte Modell, bei dem das Kind im Haushalt eines Elternteils lebt und Umgangskontakte mit dem anderen Elternteil stattfinden. 

Das Wechselmodell ist stark im Kommen. Dabei wechseln die Kinder regelmäßig den Haushalt, zwischen Mama und Papa. Es setzt eine gute Kommunikation voraus, was leider oft kurz nach der Trennung nicht einfach ist. Hier ist es wichtig, sich immer wieder zu besinnen, was im Vordergrund stehen sollte: Das Kindeswohl. Also das Ego gern außen vorlassen! Man darf darauf achten, einen Wechsel in möglichst langen Intervallen vorzunehmen, damit die Kinder nicht aus dem Koffer leben müssen. Dass das nicht optimal ist, kannst du bestimmt gut nachvollziehen. 

Es ist wichtig zu wissen, dass die Eltern das ausprobieren dürfen, denn wie die Eltern das Umgangsrecht gestalten, liegt an den Eltern. Ihr dürft euch ran tasten, was sich für alle gut anfühlt. Ihr dürft das probieren und wenn ihr feststellt, dass es nicht passt, dann passt ihr es halt an. Das darf auch passieren, wenn sich das Kind weiterentwickelt oder sich berufliche Umstände beispielsweise ändern. Das Leben ist im Fluss und so darf euer Modell sich mit verändern im Laufe der Zeit. Das ist auch der Vorteil der Gestaltung durch die Eltern im Vergleich zur Entscheidung durch ein Gericht: Das Gericht hat nur eine Momentaufnahme und kann dann eine Entscheidung treffen, die zunächst einmal relativ starr ist. Dass das nicht immer von Vorteil ist, liegt auf der Hand.  

Die Umgangsregelung ist nicht in Stein gemeißelt

Über die Kinder bleibt man verbunden und die Anforderungen der Kinder ändern sich mit der Zeit. Starre Regelungen, beispielsweise an jedem zweiten Wochenende bei einem Elternteil zu sein, sind für 17-jährige Teenager sicher nicht schick. Und du darfst auch die individuellen Bedürfnisse des Alters, des Geschlechtes des Kindes und der Prägung eines Kindes im Auge haben. Beide Elternteile sind wichtig für die Entwicklung des Kindes. Das bedeutet auch, dass im Rahmen des Umgangs Alltagssituationen erlebt werden dürfen. Also nicht nur am Wochenende die Kids da haben, sondern auch die Herausforderungen des Alltags die Kinder lernen lassen, damit sie auch hier Kompetenzen erwerben. Dazu gehört auch Hausaufgaben machen und ähnlich unbeliebtes. 

Wichtig für die Entwicklung von Jungen ist der intensive Kontakt zu Männern, um auch die unterschiedliche Art zu kommunizieren, von Männern zu lernen. Was das Fehlen einer männlichen Bezugsperson mit den Jungen machen kann, ist vielfältig. Und das Fehlen von männlichen Bezugspersonen beginnt früh: Erzieherinnen, Grundschullehrerinnen und die Mütter prägen die Kinder ohnehin schon stark in den frühen Jahren. Ich empfehle dazu das Buch „Nie mehr Mr. Nice Guy“ (*) von Robert A. Glover für alle Männer, die wissen wollen, wo ihr Verhalten herkommt und für alle mit einem Nice Guy leierten Frauen. Kinder brauchen beide Rollenbilder als Vorbilder. Daher ist es gut, dass die Kinder immer öfter auch beim Vater leben und nicht mehr nur noch bei der Mutter. Dazu hat sicherlich die Veränderung in der Rechtsprechung der letzten Jahre beigetragen. Immer unter der Überschrift Kindeswohl natürlich. Bitte das Ego weglassen! Und, wie gesagt, nichts ist in Stein gemeißelt. 

Das Nestmodell gibt es immer mal in Einzelfällen. Dort bleibt das Kind in einer Wohnung und die Eltern ziehen abwechselnd im Wochenwechsel o.ä. ein und aus. Das setzt eine hohe finanzielle Leistungsfähigkeit voraus. Und wenn neue Partner ins Familiensystem kommen, darf sich das System neu sortieren. Wenn der neue Partner gar der Auslöser der trennung ist, führt dies in der Folge häufig zu irrationalen Ängsten, ein Kind ebenfalls an die neue „Bonus-Mutter“ zu verlieren. Mit dieser Angst darf man sich ganz bewusst auseinander setzen, gerade wenn man frisch getrennt ist oder auch später ein frischer Partner hinzukommt. Gern auch mit Hilfe eines Coachs. 

Kollegen statt Partner

Den Ex-Partner darf man nach der Trennung als Kollegen bei der Betreuung des Kindes betrachten. Man bleibt immer miteinander verbunden über das gemeinsame Kind, z.B. über Einschulung, Schulabschlüsse, Konfirmation und ähnliches. Das darf man sich bewusst machen. Diese Rolle neu zu finden, ist ganz wichtig. Verlässlichkeit und Verbindlichkeit sind wichtig, auch wenn sie vielleicht schon in der Beziehung für Konflikte gesorgt haben. Dann darfst du dich fragen, warum der Knopf gedrückt wird. Denn das Gefühl ist in dir. Ist es vielleicht nur ein Kontrollzwang? Frag dich: Was ist mein Anteil an der Situation, gerade wenn es zu Streitereien kommt. Veränderung fängt immer bei dir selbst an. Wenn du den Stress rausnehmen möchtest, ist die Reflektion der erste Schritt zur Veränderung und zur Verbesserung der Situation. Du hast es in der Beziehung nicht geschafft, den anderen zu verändern – nach der Beziehung funktioniert das erst recht nicht. Find dich damit ab.

Auch wenn zu späteren Zeitpunkten Knöpfe gedrückt werden, so ist dies normal. Entweder weil sich die Lebensumstände verändert haben oder weil man bestimmte Themen noch nicht hatte. Auch dann darf man drüber reden und auch mit Mediation, Jugendämtern oder Coaches. Ein großes Bewusstsein für die Gefühle darf bleiben. Und Coaching für die eigene Reflektion ist einfach wichtig. Wenn du merkst, da ist was, und du kannst es nicht einordnen, hol dir Hilfe von außen, um es anzuschauen.

Gerichtliches Umgangsverfahren

Beim Umgangsverfahren vor Gericht sind viele Parteien betroffen. Das Kind bekommt einen Verfahrensbeistand, auch das Jugendamt wird gehört. Und letztendlich findet ein moderiertes Gespräch statt, bis man eine einvernehmliche Regelung gefunden hat. Das heißt, das, was man nicht außergerichtlich geschafft hat, versucht man nun gerichtlich zu regeln. Das sind oft lange Termine. Ziel ist dabei auch, eine Gesprächsbereitschaft bei den Eltern herzustellen. Du merkst schon, worauf ich hinaus möchte: Da läuft das, was hier schon geschrieben steht. Vielleicht könnt und möchtet ihr euch und dem Kind das ersparen? Natürlich kann auch ein Verfahren dazu führen, dass Kommunikation erstmals wieder möglich ist. Der Verfahrensbeistand kann dabei helfen, die Position des Kindes herauszustellen und zu vertreten.

Warum stellt man Umgangsregelungen nach kurzer Zeit wieder in Frage?

Das kann unterschiedliche Gründe haben. Bindungstoleranz ist ein wichtiges Thema. Finde dich damit ab, dass die Kinder beide Elternteile brauchen und lasse dies zu. Es geht um das Kind, nicht um dein Ego. 

Kinder beobachten die Eltern ganz genau seit ihrer Geburt und bekommen alles mit. Jedes Gefühl, jede Mimik, jede Gestik nehmen die Kinder bei ihren Eltern wahr. Deshalb ist es auch wichtig, mit den Kindern über die Situation zu sprechen. So neutral wie möglich. Geschieht dies nicht, basteln sich die Kinder eine eigene Realität. Dann kann es leicht passieren, dass die Kinder die Schuld für die Trennung der Eltern bei sich suchen. Wenn du es selber nicht gelernt hast zu kommunizieren, dann ist das nicht schlimm. Das kann geübt werden.

Im Thema „Umgangsrecht“ ist ganz viel Angst drin, denn Arterhaltung und Brutpflege sind genetisch programmiert. Und gern wird auch bewusst die Angst geschürt, genötigt, erpresst, um die eigenen Ziele zu erreichen. Da darf man hinschauen und auch mit einem Anwalt draufschauen, ob das vom anderen Elternteil angedrohte Szenario realistisch ist, oder nur eine Drohkulisse aufgebaut werden soll. Ich möchte dich ausdrücklich ermutigen, dort hinzuschauen, wenn dir so etwas passiert. Lass dich nicht durch eine Angst vor dir hertreiben! Vieles ist gesetzlich geregelt. 

Die Gerichte sind nicht dafür da, dass Elterngespräche geführt werden. Die Eltern sind dafür verantwortlich. Das Gericht sollte das letzte Mittel der Wahl sein. 

Weihnachten steht vor der Tür

Hilfreich ist es, alle Feiertage, aber insbesondere Weihnachten, entkoppelt vom Stress zu planen. Wir planen das Folgejahr immer so im August oder September, d.h. Weihnachten 2024 haben wir im Herbst dieses Jahres geplant. Da planen wir alle Ferien und auch die Wechsel der Kinder zu den Feiertagen, Geburtstagen, usw.. Also nicht nur die Daten, sondern auch die Uhrzeiten, zu denen die Kinder wechseln. Warum? Stress in der Weihnachtsplanung wird antizipiert und die Eltern haben wenige Wochen vor den Feiertagen vielleicht schon Planungen vorgenommen und unterschiedliche Vorstellungen. Wir haben erstmal einen Plan, und wenn der eine oder andere nicht kann, wird geändert, aber nur wenn beide damit einverstanden sind. Wir nehmen damit Rücksicht auf die Planung des anderen Elternteils. Und wir wechseln uns jedes Jahr an Weihnachten ab, also sind die Kinder in einem Jahr am Heiligen Abend bei der Mutter und im Folgejahr beim Papa. Am ersten Weihnachtstag wird dann gewechselt. Silvester und Ostern laufen ähnlich. Muttertag und Vatertag sind gesetzt. Dazu kann man gut einen geteilten Kalender verwenden, zu dem man dann die Kinder irgendwann gut hinzufügen kann. Das vereinfacht dann auch für die Kinder die Planung.  

Empfehlen möchte ich noch die App „Getrennt gemeinsam“ von der Landesarbeitsgemeinschaft für Erziehungsberatung Bayern e. V.. Mit der Hilfe einer solchen App kann die Kommunikation ebenfalls erleichtert werden.

Die Buchempfehlung für alle Männer und alle Frauen von Männern: Nie mehr Mr. Nice Guy: Wie Sie als Mann bekommen, was Sie wollen (*) von Robert A. Glover

Wenn du weitere Fragen zu diesem oder zu anderen Themen hast, dann melde dich gern.

(*) Affiliate-Link

0179 2056779
hallo@achtungveraenderung.de
Social Media Links

© 2023 beramento UG (haftungsbeschränkt), alle Rechte vorbehalten | Impressum | Datenschutz