Der Gang zum Anwalt ist ein großer Schritt, egal ob erzwungen oder freiwillig, weil man geschieden werden möchte. Es ist vielleicht für dich ein komisches Gefühl zu einem Anwalt zu gehen. Vielleicht ein Mensch, der studiert hat, vor dem man vielleicht etwas Ehrfurcht hat. Du weißt nicht, was da passiert. Das Thema ist neu, du kennst dich nicht aus. All das kann dir Angst machen – muss es aber nicht. Und der Gang zum Anwalt schafft eine Wirklichkeit: Die Wirklichkeit, dass die Beziehung, die Ehe, gescheitert ist.
Anwälte sind ein eigener Schlag Menschen, wie wir alle. Du kennst vielleicht den Typ Mensch aus Liebling Kreuzberg oder aus den amerikanischen Anwaltsserien und hast dir ggf. dort ein Bild gemacht: überlegt, bewertend, etwas introvertiert. Das ist natürlich nicht so, aber noch in vielen Köpfen. Der Anwalt mit Anzug und Krawatte, eine gestylte Dame im Vorzimmer. Ich kann euch sagen: so ist das vielfach gar nicht. Es sind meistens Menschen wie du und ich. Und ich kenne wirklich inzwischen eine ganz Menge Anwälte und auch ihre Themen.
So früh wie möglich. Wenn die Idee konkret wird und du dir noch nicht sicher bist, ob du es dir überhaupt erlauben kannst, dich zu trennen. Es ist klug, sich so früh wie möglich mit den juristischen Fragen zu beschäftigen, um gar nicht erst einen großen inneren Berg an Sorgen und Fragen, die man ja ohnehin schon genug im Kopf hat, neben den ganzen Gefühlsthemen, entstehen zu lassen. Das gibt Sicherheit.
Wann beginnt das und was ist das? Das Trennungsjahr beginnt, wenn die Trennungsabsicht vorhanden ist und die Trennung, auch räumlich, vollzogen ist. Für das Scheidungsverfahren kann es nützlich sein, dies zu dokumentieren. Spätestens mit dem Auszug ist dies der Fall, man kann aber auch in einer ehelichen Wohnung getrennt leben. Wichtig ist dann, dass es objektiv dokumentierbar ist: Kommunikation im Freundeskreis, getrennte Konten, neue Partner. Nach einem Jahr kann man den Antrag auf Scheidung der Ehe einreichen. Nach spätestens drei Jahren der Trennung gilt die Ehe als gescheitert und die Ehe ist gerichtlich zu scheiden. Das Trennungsjahr dient auch der persönlichen Neuordnung. In unserer Episode zu den Trennungsphasen haben wir auch darüber gesprochen – da passiert ganz viel: Jobsuche, neue Wohnung, etc.. In dieses Phase benötigst du ggf. auch Unterstützung, um dich zu sortieren: vielleicht hats du bislang keinen Vollzeitjob und keine Idee, wie du an so etwas kommst. Oder andere Themen stehen dir vor Kopf. Dann lass dich gern unterstützen.
Im Trennungsjahr muss Trennungs-Unterhalt gezahlt werden. Er wird geschuldet ab Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung. Ab Rechtskraft der Scheidung gibt es ggf. den nachehelichen Unterhalt. Der Unterhalt muss geltend gemacht werden. Wie das geht, erklärt dir dein Scheidungsanwalt, denn da kann man einige Stockfehler begehen. Wie man den berechnet und alles weitere zum Thema Unterhalt, auch Kindesunterhalt und nachehelicher Unterhalt, findest du in diesem Blogartikel zum Thema Unterhalt.
Wem steht die eheliche Wohnung zu? Dazu gibt es keine pauschale Regelung. Bei einer Mietwohnung würde man sich den Mietvertrag anschauen. Wenn beide Mieter sind beispielsweise, muss eine Regelung getroffen werden, wer auszieht und wer wohnen bleibt. Der Ausziehende sollte dann in Hinblick auf seine eigene Haftung aus dem Mietvertrag ausscheiden. Dazu muss man dann ein Gespräch mit dem Vermieter führen.
Wenn keiner ausziehen möchte und man sich nicht einigen kann, dann kann man nur in ein gerichtliches Verfahren auf Zuweisung der gemeinsamen ehelichen Wohnung gehen. Dies ist z.B. oft auch bei häuslicher Gewalt der Fall, dann meist im einstweiligen Verfahren. Dazu solltest du dir Unterstützung durch deinen Anwalt holen. Kriterien sind dann gemeinsame Kinder, Arbeitsplatznähe, die Möglichkeit überhaupt kurzfristig woanders unterzukommen, usw.. Nur mit einer guten Begründung wird man die Wohnung zugesprochen bekommen.
Was ist mit dem Lieblingssessel? Und dem Auto? Hier ist es am besten, sich irgendwie zu einigen. Wenn das Gerichte oder Anwälte sortieren müssen, wird es nicht besser – und teuer. Dann muss alles katalogisiert werden. Vom Schrank bis zum Löffel, möglichst mit Anschaffungswert, Zeitwert, Kaufnachweis, Aussage ob gekauft, ererbt, geschenkt bekommen und so was alles. Das macht keinen Spaß und sollte vermieden werden.
„Das“ Scheidungsverfahren gibt es gar nicht. Es gibt ein Scheidungsverfahren – und ein Verfahren zu allen anderen Dingen, wie eheliche Wohnung, Unterhalt, Hausrat, Sorgerecht, Kindesunterhalt, Vermögensauseinandersetzung. Diese Verfahren gibt es jedoch nur, wenn sie auch eingeleitet werden, weil man sich nicht einigen konnte. Und da hat jeder die Chance, seine Trennung gut zu gestalten. Lies dazu auch meinen Blogartikel Konflikt als Chance.
Ein Tipp dazu: Derjenige der auszieht, stellt alles zusammen, was er mitnehmen möchte, und der andere schaut drüber. Dann muss man ggf. noch über wenige Dinge sprechen, wenn überhaupt. Und sich dann bewusst zu machen, dass es nur Gegenstände sind, hilft dann in der Situation, damit angemessen umzugehen. Das ist vertrauensbildend. Alles mitzunehmen ist die schlechteste Variante für eine gut zu gestaltende Trennung.
Ein Verfahren bei Gericht wird nur dann angestoßen, wenn einer der beiden Ex-Partner einen Antrag stellt. Man macht dann die weiteren Themen als Folgesache zum Scheidungsverfahren anhängig. Das bedeutet, du wirst im Normalfall nicht geschieden, bevor nicht alle anderen Scheidungsfolgen geregelt sind.
Im Klartext: Wenn du alles gut regelst im Vorwege, ist das gerichtliche Verfahren einigermaßen easy.
Wenn man sich in einzelnen Angelegenheiten nicht einigen kann, kann auch ein Mediator helfen, diese zu sortieren. In der Mediation findet man gute Lösungen, die Anwälte, als Interessensvertreter einer Partei, so gar nicht erarbeiten können oder dürfen.
Kann es ein Nachteil sein, eine eheliche Wohnung aufzugeben?
Ja, kann es. Nach Auszug die gemeinsame eheliche Wohnung wieder in Besitz zu nehmen ist beispielsweise ungleich schwerer. Diese Konstellationen sollte man sich immer im Einzelfall anschauen. Jede Ehe ist anders, auch die rechtlichen Fragstellungen sind anders. Trennung und Scheidung sind immer individuelle Prozesse, die gut mit dem Anwalt gestaltet werden möchten.
Noch einmal: Du tust gut daran, dich frühzeitig mit einem Anwalt abzustimmen. Denn alles hängt mit allem zusammen. Wohnung und Haus mit Unterhalt beispielsweise.
Grundsätzlich besteht Anwaltszwang im Scheidungsverfahren. Oft überlegen sich Paare, dass sie sich einvernehmlich scheiden lassen möchten. Ganz klar: Es können nicht beide Beteiligte einen Anwalt beauftragen. Das geht also nicht. Einer von beiden muss den Anwalt beauftragen, zur Klarheit für alle Beteiligten, auch in Hinblick auf einen späteren Konflikt.
Der Scheidungantrag ist relativ kurz und wird formlos vom Anwalt beim zuständigen Familiengericht beantragt. Man kann diesen ggf. auch zurücknehmen. Dazu darf man wissen, dass der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags ein wichtiges Datum ist, zum Beispiel für den Versorgungsausgleich. Ein wesentlicher Punkt im Scheidungsverfahren ist der Versorgungsausgleich, der von Amts wegen durchgeführt wird. Was es damit auf sich hat, schauen wir uns in einem weiteren Blogartikel an, den ich dann hier ebenfalls verlinke.
Nach Einreichung des Antrags sind die Gerichtskosten zu zahlen. Die Höhe rechnet dein Anwalt für dich aus und sie hängt vom Verfahrenswert ab. Wie man den berechnet, kannst du hier auf Ivonnes Seite nachlesen. Dann wird der Scheidungsantrag zugestellt. Nach Vorliegen aller Unterlagen, insbesondere im Rahmen des Versorgungsausgleichs, wird ein Termin für die Scheidung angesetzt.
Der Scheidungstermin selber ist nicht öffentlich und relativ kurz. Es besteht grundsätzlich Anwesenheitspflicht, im Ausnahmefall kann ein Beteiligter online zugeschaltet werden. Am Ende gibt es den Scheidungsbeschluss. Dieser wird sofort oder spätestens nach einem Monat rechtskräftig.
Manchmal hört man, dass Menschen seit Jahren getrennt, aber nicht geschieden sind. Woran liegt das? Konfliktvermeidung? Angst? Hoffnung, doch noch wieder zusammen zu kommen? Oder nur an Geldfragen? Welche Nachteile bringt das mit sich? Die Nichtauseinandersetzung der Vermögen birgt Risiken (das besprechen wir beim Zugewinnausgleich ausführlich) und beim Versorgungsausgleich kann dies ebenfalls Nachteile mit sich bringen. Frag deinen Anwalt dazu!
Wenn Du Unterstützung in einer der Phasen brauchst, melde Dich gern hier oder buche Dir direkt einen Termin bei mir. Ich freue mich auf Dich!
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